Praxiserfolg maximieren durch intelligente Patientenbindung.

Sie möchten Ihre Praxis vergrößern und gleichzeitig mehr Spaß an Ihrer täglichen Arbeit haben? Sie möchten sich nicht mehr über ungerechtfertigte Kommentare in Bewertungsportalen ärgern müssen, nur weil ihr Patient Sie oder Ihre Mitarbeiter falsch verstanden hat? Dann lohnt es sich, darüber nachzudenken, welche „Art“ von Patienten Sie gern in Ihrer Praxis betreuen wollen. Dazu sollten Sie sich Gedanken über Ihr Angebot, Ihre Spezialisierung, also Ihre Differenzierung vom Wettbewerb machen. Denn daraus können Sie Ihre langfristigen Ziele ableiten, die Sie sich und Ihren Mitarbeitern stecken können, und zu denen die richtigen Patienten einen wesentlichen Beitrag leisten.

Sie werden einwenden: Meine Patienten kann ich mir doch nicht aussuchen! Ich kann Ihnen versichern: Sie können. Und in diesem Artikel zeige ich Ihnen, welchen Unterschied es macht, die „richtigen“ Patienten zu finden und zu halten. Denn diese werden Ihnen mehr Freude, Erfolg und Profitabilität bringen, als Sie vielleicht vermutet haben.

Patientenbindung: Eine Win-Win-Situation

Die idealen Patienten sind jene, die Ihnen viele Jahre treu sind und durch Empfehlungen an ihr soziales Netzwerk neue Patienten zu Ihnen bringen, die Umsätze und Marktanteile Ihrer Praxis steigen lassen. Idealerweise ebenso langfristig, da diese ähnlich gestrickt sind wie Ihre idealen Patienten.

Ideale Patienten kennen die Ärzte und deren Mitarbeiter und fügen sich ohne großen Aufwand in die Praxisroutinen ein. Sie sind interessiert an modernen medizinischen Methoden und informieren sich aktiv in Online-Medien und auf Praxishomepages.

Sie wählen oft hochwertige Behandlungsoptionen, auch wenn diese mit Zuzahlungen verbunden sind, weil sie ihre Gesundheit als höchstes Gut ansehen. Sie lassen sich gerne vom Arzt ihres Vertrauens beraten. Und sie sind bereit, durch konstruktive Kritik  zur Verbesserung des Praxisservice beizutragen, von dem sie dann wiederum profitieren.

Durch einen hohen Anteil an „idealen“ Patienten können Sie es sich leisten, die Qualität Ihres Angebotes laufend zu optimieren und Ihren Patienten damit einen wahrnehmbaren Mehrwert gegenüber der Konkurrenz zu bieten. Außerdem kann die Praxis sich auf ihre loyalsten und profitabelsten Patienten konzentrieren und für diese weiter investieren. Dadurch schaffen Sie noch mehr nachhaltigen Wert, der wiederum Ihren Patienten und Mitarbeitern zugute kommt.

Der oben erwähnte Mehrwert für Patienten kann sich in vielen Details des Praxisalltags widerspiegeln, wie:

  • kurzen Wartezeiten
  • kostenlosen Recall-Services
  • gut ausgebildetem und spezialisiertem Personal
  • besonderen prophylaktischen Maßnahmen
  • der Nutzung von hochwertigen Diagnostik- und Therapiegeräten
  • der Schaffung von Partnernetzwerken mit Spezialbehandlungen

Die Möglichkeiten sind schier endlos. Allerdings erfordern sie ein gewisses organisatorisches und finanzielles Investment.

Doch wie viel dieser Investments – und in welchem Zeitraum – sind gerechtfertigt? Dazu müssen Sie die Wertentwicklung ihrer Praxis, also Ihres Patientenstamms, über einen längeren Zeitraum berechnen. Dazu dient Ihre bisherige quantitative und finanzielle Historie von Patientenbeziehungsen und einige berechtigte Annahmen für deren Fortsetzung.

 

Was ist mein Patientenstamm wert?

Die traditionelle Buchführung ist nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. Denn diese wurde lediglich entwickelt, um die Investition und Abschreibung von Kapitalanlagen zu berechnen. Es müssen vielmehr auch Patienten als Kapitalanlagen betrachtet und entsprechend rechnerisch bei der Wertberechnung berücksichtigt werden. Es kann dann der aktuelle Netto-Wert (Net Present Value, NPV) eines bestimmten, durch die Beziehungsdauer definierten Patientensegments berechnet werden.

Eine zusätzliche Segmentierung nach weiteren Kriterien empfiehlt sich dann, wenn es noch andere signifikante Unterschiede in Ihrem Patientenstamm gibt, die eine gesonderte Betrachtung rechtfertigen. Diese Daten eignen sich auch für Prognosen der Wertentwicklung kommender Jahre.

Zum Beispiel sollten Akquisekosten nicht als momentane Ausgabe betrachtet, sondern über die Lebensdauer der gesamten Arzt-Patientenbeziehung abgeschrieben werden. Denn die Gesamtkosten neuer Patienten sind zu Beginn deutlich höher als die von langjährigen Patienten. Das ist auch in fast allen anderen Branchen so und durch eine Langzeitstudie der Unternehmensberatung Bain & Company (siehe 1) hinlänglich belegt.

Verantwortlich dafür sind zwei Effekte. Der erste steuert das Wachstum des Patientenstamms durch die Höhe der jährlichen Zu- und Abgänge. Nur wenn die Zahl der Zugänge langfristig über den Abgängen liegt, gibt es ein Wachstum der Praxis. Als Maßzahl eignet sich die Kundenbindungsrate (Customer Retention Rate) in Prozent pro Jahr. Diese gibt an, wieviel Prozent ihrer Patienten nach einem Jahr noch weiterhin in Ihre Praxis kommen. Das Diagramm unten zeigt, wie die Steigung der Kurve im oberen Teil exponentiell zunimmt. Das bedeutet, kleine Verbesserungen der Kundenbindungsraten oberhalb ca. 85% haben immer größere Auswirkungen auf die Verweildauer Ihrer Patienten.

Das Loch im Eimer stopfen

Es ist wie bei einem löchrigen Eimer: Je mehr Patienten pro Jahr aus dem Eimer herausfließen, desto mehr müssen Sie oben hineinschütten (akquirieren), damit die Größe des Patientenstamms gehalten werden kann.

Dazu ein Beispiel: Praxis A hat eine jährliche Kundenbindungsrate von 95%, Praxis B eine von 90%. Folglich ist die Größe des Loches im Patienteneimer bei A 5%, bei B doppelt so groß, 10% pro Jahr. Wenn beide Praxen jährlich 10% neue Patienten akquirieren, hat Praxis A ein jährliches Wachstum von 5%, Praxis B kein Wachstum. Innerhalb von 14 Jahren hat Praxis A ihren Patientenstamm verdoppelt, während Praxis B gar nicht gewachsen ist. Nach weiteren 14 Jahren ist Praxis A schon viermal so groß wie Praxis B.

Praxis B müsste also mindestens 15% neue Patienten pro Jahr akquirieren, um mit Praxis A im Wachstum gleichzuziehen. Dies ist durch höheren Werbeaufwand und sonstige Akquisekosten vermutlich deutlich teurer oder bei gegebenen lokalen Patientenzahlen sogar unmöglich. Insofern scheint das Stopfen des Loches auf einen jährlichen Verlust von 5% das einzig sinnvolle Vorgehen, um ein reales Praxiswachstum möglich zu machen. Falls Sie noch keine Statistiken zu Ihrer Patientenbindungsrate haben, sollten Sie überlegen, diese zukünftig zu erheben, um rechtzeitig auf Veränderungen regieren zu können.

Gewinne wachsen mit der Patientenbeziehung

Der zweite Effekt ist für den Segment-Gewinn (Gewinn pro Patientensegment nach Verweildauer in Jahren) verantwortlich. Mit jedem Jahr der Patientenbeziehung erhöht sich der durchschnittliche Wert eines Patientensegments, was sich leicht an jährlich steigenden Gewinnen ablesen lässt. Verantwortlich dafür sind die unten schematisch dargestellten Effekte, vgl. auch F. Reichheld in „The Loyalty Effect“, Bain Inc., Seite 39-49.

Erläuterungen

Akquisekosten (Acquiring Cost): Kosten für

  • Erstanamnese
  • Datenerfassung
  • Praxismarketing

schmälern bei neuen Patienten den Gewinn. Dafür fallen diese nur einmal an und bewegen sich in einem moderaten Rahmen. Achten Sie auch auf versteckte Kosten wie den Betrieb der Praxishomepage oder Zeitungsanzeigen.

Basis-Gewinn (Base Profit): Jeder Patient, der in Ihre Praxis kommt, wird zumindest fachgebietsspezifisch untersucht, auch wenn keine aktuellen Beschwerden bestehen. Unabhängig von Zeit, Loyalität oder Effizienz entsteht dadurch ein Basis-Gewinn für die üblichen Untersuchungen. Je länger Sie diesen Patienten haben, desto öfter werden Sie auch diesen Basis-Gewinn verdienen – und damit werden die Akquisekosten immer unbedeutender.

Umsatzsteigerung (Revenue Growth): Je länger Patienten Ihren Praxisbetrieb kennen, umso mehr erfahren diese über Ihre Leistungspalette. Bei Zufriedenheit mit der bisherigen Behandlung werden peu a peu mehr und oft auch hochwertigere Gesundheitsleistungen nachgefragt, welche Ihre Jahresumsätze  pro Patient steigen lassen. Ein besonders bedeutender Faktor ist die Tatsache, dass mit zunehmendem Lebensalter durchschnittlich mehr und kostspieligere Behandlungen notwendig sind als früher. Entsprechend lohnt es sich besonders, Ihre Patienten bis ins hohe Alter zu betreuen.

Einsparung operativer Kosten (Cost Savings): Ihre treuen Patienten kennen Ihre Öffnungszeiten und Ihr Bestellsystem. Sie kommen nicht zu Stoßzeiten, wenn sich dadurch Wartezeiten vermeiden lassen. Das vermindert operative Hektik und Fehler des Personals, welches zu anderen Zeiten vielleicht nicht ausgelastet ist. Und sie sind vertraut mit den Praxisroutinen, dadurch vermindert sich der Erklärungs- und Zeitbedarf.

Weiterempfehlungen (Referrals): Persönliche Weiterempfehlungen zufriedener langjähriger Patienten ziehen oft charakterlich ähnliche (d.h. loyale und potentiell profitable) neue Patienten an. Außerdem wirken persönliche Empfehlungen glaubwürdiger als Anzeigen, da der Empfehlungsgeber bei geschönten Fakten seine Beziehung riskiert. Deswegen lohnt es sich, jeden neuen Patienten zu befragen, auf wessen Empfehlung er gekommen ist. Dann sollten Sie versuchen, dem Empfehlungsgeber noch besseren Service zu bieten, damit der seine Empfehlungen wiederholt.

Es ist klar, dass der Verlust von langjährigen Patienten und Ersatz durch neue nicht ohne Folgen bleibt. Um den gleichen Gewinn zu halten, muss der Verlust eines Veteranen durch mehrere neue Patienten ausgeglichen werden. Die Folgen von veränderter Kundenbindung verstärken sich mit der Zeit und können letztlich dramatische Ausmaße annehmen.

 

Zusammenfassung: Berechnung des realen Patienten-Stammwertes über die Zeit

Bei den Beispielen zu Kundenbindungsraten und zeitlich gestaffelten Gewinnberechnungen trafen wir zwei Grundannahmen. Erstens nahmen wir an, dass die Abwanderung von Patienten über alle Jahre der Beziehung konstant bleibt. Richtig ist vielmehr, dass die Abwanderung in den ersten Jahren viel höher ist als in den darauf folgenden.

Zweitens müssen wir den in die Zukunft projizierten Wert eines Patientensegments um einen jährlichen Prozentsatz vermindern, wenn wir den Net Present Value (NPV) berechnen wollen. Denn der Gewinn späterer Jahre steht heute noch nicht zur Verfügung.

Beispiele für die genaue Berechnung des realen Wertes Ihres Patientenstammes finden Sie hier, da die Darstellung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

 

Verbesserungen richtig umsetzen

Die neuen Maßzahlen einzuführen und diese regelmäßig zu kontrollieren, ist nur eine Frage von erhöhtem kalkulatorischem Aufwand. Die Vorteile, Ihren Patientenstamm in Euro und Cent beziffern zu können, sollten diese Aufwände aber deutlich übertreffen. Kleine und vor allem privat geführte Unternehmen wie Arzt- oder Zahnarztpraxen sind leichter als große in der Lage, Entscheidungen nicht nur nach Zahlen der Buchführung zu treffen. Sie kennen Ihre Patienten und deren Probleme persönlich und wissen, welche Investitionen sich lohnen, um die „Pain Points“ zuverlässig zu bessern.

Mit innovativen, am Bedarf ihrer individuellen Zielgruppe geplanten Maßnahmen entwickeln Sie den für Ihre Praxis idealen und loyalen Patientenstamm, der Ihnen reales Wachstum und langfristige Gewinne sichert.

Unterstützend sollte das besondere Leistungsangebot auch im Praxismarketing hervorgehoben werden – z.B. auf  der eigenen Facebook-Seite der Praxis und der Praxishomepage. Es wirkt gleichermaßen attraktiv auf neue Patienten und potentielle Mitarbeiter und hebt Ihr Angebot deutlich von der Konkurrenz ab.